M`Era Luna
07.08.-09.08.15
Flugplatz / Hildesheim


Fotos: Black-Fascination
Bericht: Cruiser Tino (vielen Dank!)

 

Freitag, 7.8.15

Zu Beginn des 15. M`Era Luna war der Zeltplatz schon wieder dicht gefüllt. So manch ein Sonnenbrand entstand während des Zeltaufbaus oder später über das Festivalwochenende hinweg. Die Sonne meinte es z.T. unbarmherzig gut mit den Flugplatzbesuchern, auch wenn die wirklich große Hitze oder befürchtete Unwetterstürme ausblieben.

Den frühen Freitagabend verbrachten schon viele Flugplatzbesucher auf dem bereits geöffneten Mittelaltermarkt. 19:30 Uhr war der Einlass auf das Festivalgelände. Traditionell begann der M`Era Luna Freitagabend mit Lesungen durch szenebekannte Autoren. Diesmal eröffnete Markus Heitz mit amüsant vorgetragenen Auszügen aus seinen zwei aktuellsten Büchern. Mit viel Comedy-Vermögen und zahlreichen Lachern setzte David Grashoff die Lesungsreihe fort und Christian von Aster bildete den gewitzten und pointierten Abschluss des Autorenreigens. Wie immer war die Halle während der Lesungen komplett gefüllt und die Schriftsteller bekamen mehr Applaus als es mancherorts für Musiker auf Festivals üblich ist. Aber das macht u.a. das Mera Luna aus: es sind sehr viele und sehr schwarze Leute da, und die Stimmung ist überschwänglich gut.

Die ersten Händler hatten ihre Marktplatzzelte schon geöffnet. Während um die Hauptbühne herum noch Absperrungen für morgen errichtet wurden, konnten die frühen Shoppingqueens schon ihre Schnäppchen einsammeln gehen. Indessen saß man auch schon auf den Bänken in der Nähe der Essstände und Getränkewagen und trank sein erstes M`Era-Bier.

Die Stände besaßen allesamt einheitliche Beschilderungen im M`Era Luna Design und die Mädels am Tresen trugen T-Shirts mit aufgedruckten Getränkekarten. Der Feuerlöschteich, welcher die ganzen Jahre hinter Absperrungen versteckt war, wurde nun endlich mal sichtbar gemacht und mit einem Sensenmann ausgestattet. So konnte in schaurig-schöner Umgebung auf Bänken gesessen und der Musik gelauscht werden.

Die Musik startete auch diesmal bei einer Extra- Warmup-Party im selben Hangar wo eben noch die Lesungen stattfanden. Zunächst wurde in der gut gefüllten Halle auch stimmungsvolle Musik gespielt. Das kippte leider, als der nächste DJ ausschließlich Minimal-Electro auflegte und dann auch noch ansagte „Die Mera Luna Besucher sind für alles offen – egal was gespielt wird“. Irgendwie tanzte anschließen kaum noch jemand und er wurde ausgepfiffen. Schöne Szenehits oder ein Potpourri mit Songs der M`Era Luna Bands wäre besser gewesen.

 

 

Samstag.8.8.15

Nach einem nächtlichen Regenschauer wurde das Festivalgelände etwas verzögert gegen 11:00 geöffnet und kurz darauf gab Elvellon den Mera Luna Eröffnungsauftritt auf der Hauptbühne. Auch dieses Jahr waren wieder etwa 25.000 Besucher auf dem etwas umgestalteten Festivalgelände. Daher befanden sich auch schon früh zahlreiche Zuhörer für die ersten Bands vor der Bühne und im Hangar Stage, wo Nachtgeschrei das Eröffnungskonzert gab.

Gegen Mittag spielte die Horrorpunkband The Other im Hangar ein dynamisches Set, während draußen mit ein wenig Überschneidung bereits Ost+Front in voller und makabrer Kostümierung die wachsende Zuhörerschaft begeisterte. Die martialisch aussehende Band aus Berlin wurde von den ebenfalls düster anzuschauenden, von den weiblichen Fans aber erheblich mehr beachteten Jungs von Lord of the Lost abgelöst. Frontmann Chris Harms zeigte Stimmgewalt und Melodiegefühl, was wieder so einige Herzen höher schlagen ließ.

Wer es lieber elektronischer und future-poppiger mochte, konnte stattdessen im Hangar bei Frozen Plasma mittanzen. Neben dem Hangar-Eingang war eine große Leinwand mit guten Boxen aufgebaut, so bestand die Möglichkeit die Konzerte auch unter freiem Himmel zu verfolgen. Da der Hangar auch bereits sehr voll war nutzten immer mehr Leute diese Gelegenheit.

Nach der sehr tanzbaren und dynamischen Vorlage von Frozen Plasma übernahmen Melotron die Hangar-Bühne. Weil deren Musik auch in dieselbe Richtung ging, konnte das einmal aufgewärmte Publikum ordentlich weiterfeiern. Die ganze Halle machte mit und jeder Aufruf des Sängers an die Hörer wurde mit Jubel und Applaus beantwortet. Es viel ihm sichtlich schwer sich von der Bühne zu trennen – und Melotron wurde auch nur schweren Herzens gehen gelassen.

Nach dieser Band leerte sich der Hangar sichtlich und machte Platz für eine andere Klientel. Die Merciful Nuns, eine Urgestein-Goth-Band aus Belgien füllte den Hangar aber auch sofort wieder mit Leichtigkeit.

Bei der nächsten Band wechselte sowohl die Musikrichtung als auch das Publikum erneut: Aesthetic Pefection aus Los Angeles waren für ihren einzigen Deutschland-Gig des Jahres extra zum M`Era Luna angereist. Nach einem Akustik-Einstieg mit einer Ballade wurde dann vehement auf schnelle und absolut mitreißende Songs gesetzt. Zum Abschluss des perfekten Auftritts konnte Daniel Graves mit „Spit it out“ auch den gesamten Hangar schreien hören. Und so verließ ein sehr gut gelauntes und zum Teil heiseres Publikum den Hangar.

Am frühen Abend spielten Blutengel auf der Hauptbühne ohne die übliche aufwändige Bühnendeko – wohl aber mit vier dekorativen Mädels, die während des Konzerts immer wieder mit wechselnder und spärlicher Bekleidung den Hintergrund ausfüllten. Stimmlich bildeten auf jeden Fall Ulrike Goldmann und Chris Pohl den Vordergrund des Auftritts. Sogar die Sonne kam strahlend hinter den Wolken hervor welche sich eine Zeit lang düster über Hildesheim zusammengezogen hatten. Nach dem Finale von Blutengel wurde die Bühendeko massiver und berühmte Monster aus der Filmgeschichte bildeten den Rahmen für eine amerikanische Ikone: Rob Zombie. Das Outfit machte dem Namen des Sängers alle Ehre: wie ein aus dem Moor entstiegener Zombie gab er viele gitarrenlastige Stücke zum Besten und zog alle Register um eine fulminante Show hinzulegen. Der Musikstil unterscheidet sich auf jeden Fall zu den anderen Bands die heute die Hauptbühne gerockt haben und würde auch zu Festivals aus anderen Genres passen.

Sehr kurzfristig mussten Suicide Commando ihren Auftritt absagen. Die entstandene Lücke konnten spontan Pascal und Jan von X-RX füllen. Mit ihren Hardstyle-Tracks brachten sie den Hangar ordentlich in Schwung und machten so eine gute Stimmung, dass sie Suicide Commando wirklich gut vertraten. Johan von Roy wünschten sie an dieser Stelle auch gute Besserung. Einen Gang runtergeschalten wurde für den Headliner Phillip Boa. Ein Mann der wirklich Gothic-Musikgeschichte geschrieben hat und mit seinem Voodooclub durchaus noch weiter Geschichte schreibt. Die Ovationen welche aus dem Hangar klangen sprachen jedenfalls dafür.

Auf der Hauptbühne leuchtete im inzwischen nachtschwarzen Flughafen ein schwarzer Schmetterling. Richtig: ASP übernahm mit seiner eindrucksvollen Erscheinung unter viel Nebel die Bühne. Es wurde außerdem ordentlich Feuer gemacht – denn auch wenn wir seinen Namen morgen nicht vergessen, wollte er doch brennen! Selbst wenn von der Bühnendeko nicht nur Asche übrig war, wurde nach Mitternacht die Musik auf den Disco Hangar verlegt, wo Elliot und Daniel von Aesthetic Perfection auflegten. Vor dem Haupteingang fand eine schöne Feuershow von Pyrohex statt. Auf kleinen Privatparties quer über das Zeltplatz- und Caravan-Gelände wurde dem Sonnenaufgang entgegen gefeiert – bis der M`Era Sonntag begann.



Sonntag, 9.8.15

Nach einem langen Feier-Abend waren wir erst später auf dem Festivalgelände. ASP dürfte auch an diesem Morgen in einer gut gefüllten Halle gelesen haben. Auf dem Weg durch den Zeltplatz begegneten wir Martin Engler von Mono Inc., der spontan seine Fans in ihrem Basislager besuchte. Inzwischen sang bereits „Teufel“ von Tanzwut mit kräftiger Dudelsack- und Trommelunterstützung von weißen Nächten und sich erhebendem Fleisch. Joachim Witt folgte auf der Hauptbühne und erzählte zwischen seinen Songs diverse Insider. Seine NDW-Klassiker waren nach wie vor mitreißend und so manchem bereits seit Kindertagen bekannt.

Die Norweger Apoptygma Berzerk hatten wieder viele Hits zum Mitsingen im Gepäck und brachten an diesem sonnigen Nachmittag schön viel gute Laune rüber.

Hier schwenkten wir zum nahtlos anschließenden Set von Rotersand zum Hangar rüber. Der war natürlich rappelvoll und uns blieb mit vielen anderen die große Leinwand zwischen Hangar und Designermarkt-Zelt. Auch hier draußen vorm Hangar merkte man, dass die Band die Halle voll in Bewegung gebracht hatte und alle gut mitgingen. Es ist wohl auch ein M`Era Luna Phänomen, dass in der Halle –trotz stickiger und stehender Luft – immer eine Bombenstimmung herrscht.

Der experimentelle und extravagante Sound von Einstürzende Neubauten, die schon seit den 80ern existiert, fand viel Interesse und Zuhörer, für die diese Art von Musik jedoch komplettes Neuland ist. Daher würde ich diesen Auftritt eher als Relikt aus einer guten Zeit ansehen, die jedoch schon vorbei ist. Es ist aber umso mehr ein sehr positives Zeichen für die musikalische Vielfalt auf dem Mera Luna. Man kann quasi jedes Jahr mit neuen, bisher noch nicht gekannten Eindrücken und Bands nach Hause gehen!

Während der Umbaupause zur nächsten Band der Hauptbühne sollte Anne Clark im Hangar spielen. Entsprechend war dieser total überfüllt und auch die große Rasenfläche vor dem Monitor war komplett besetzt und bestanden. Anne Clark stand auch auf der Bühne und sang ihr erstes Lied – zu hören war allerdings nichts. So entstand eine ganz eigentümliche Stille auf dem Mera Luna: weit über 20.000 schwarze Seelen waren versammelt, die Abendsonne schickte die letzten warmen Strahlen über das schwarze Festival- Areal und es herrschte eine friedliche Ruhe. Das erste Geräusch vom Tontest wurde mit einem Jubel begleitet, als wäre Apollo auf dem Mond gelandet. Und als Anne Clark wieder auf die Bühne kam und wirklich für alle hörbar zu singen anfing, kam der Jubel einer möglichen Marslandung gleich… Die Musik zu Annes unverkennbarer Stimme war auch sehr sphärisch, zunächst sehr langsam und am Ende rhythmisch stark und einfach tanzbar. Ein ganz besonderer Auftritt!

Inzwischen gehörte die Hauptbühne den Edelmetallern von Nightwish. Die Symphonic-Metal-Band bildete den gewaltig-epischen Abschluss der diesjährigen Konzerte auf der M`Era Luna-Hauptbühne. Mit einer infernalen Pyroshow und kräftigen E-Gitarren wurde die opernhafte Stimme der Sängerin Floor Jansen ausdrucksstark begleitet. Mit Schlagzeug und Gitarrenriffs wurde das diesjährige 16. M`Era Luna unter viel Beifall beendet. Während die meisten nun am Packen waren und sich eine nächtliche Karawane aus Campingwagen und Zelt-Mobilen zur Autobahn schlängelte, wurde auf dem Zeltplatz noch lange in den übrigen Zelten weitergefeiert. Das Festival wurde wehmütig beendet und sich fürs nächste Jahr verabredet. Die 666 ersten Tickets waren schon innerhalb von zwei Tagen ausverkauft – und ich habe auch eins bekommen J .

Bis heute sind mir noch die Sicherheitshinweise im Kopf, die immer wieder zwischen den Bandauftritten auf der Leinwand abliefen: ständig will ich mein Zelt vor Sturm schützen, suche mein Handy und trinke viel Wasser. Vielleicht kann ich im nächsten Jahr noch mehr nützliche Festival-Weisheiten erlernen. Ich werde gegebenenfalls davon berichten… Ach ja, von dem vielen Wasser musste ich dauernd aufs Klo. Ich empfand die Schlangen an den Dixiehäuschen dieses Jahr länger als im Vorjahr. Dabei dürften es genauso viele Dixies gewesen sein. Waren es am Ende also mehr Besucher als letztes Jahr oder haben mehr Leute viel Wasser getrunken? Leider habe ich auch dieses Jahr wieder die Modenschau verpasst, die von Faderhead musikalisch untermalt wurde. Auch vom übrigen Rahmenprogramm, das sicher sehr vielseitig war, habe ich wenig mitbekommen. Beides sollte den Besuchern mehr Publik gemacht werden – zum Beispiel zwischen den Festivaltipps zum Wassertrinken…

Insgesamt finde ich, dass das Mera Luna von Jahr zu Jahr besser wird. Wir sehen uns also nächstes Jahr wieder!

 


Samstag



Sonntag